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Titel Ausstellungseröffnung: "Der Welsche Gast des Thomasin von Zerklaere. Die Tücken von 300 Jahre Copy und Paste"
Termine Montag, 24.04.2017 18:00 Uhr
Ort UB Heidelberg, Handschriftenlesesaal

Feierliche Eröffnung der Ausstellung, anschließend Empfang.
Mehr Informationen finden Sie hier:

http://www.ub.uni-heidelberg.de/ausstellungen/welschergast2017.html

 

Kabinett-Ausstellung "Der Welsche Gast des Thomasin von Zerklaere. Die Tücken von 300 Jahre Copy und Paste"

25. April 2017 – 03. September 2017
geöffnet täglich 10-18 Uhr
an Feiertagen geschlossen

Im Mittelalter ist jedes Buch ein Unikat. Auch Kopien sind Unikate; jeder Buchstabe wird einzeln abgeschrieben, jedes Bild einzeln abgemalt.

Die Universitätsbibliothek Heidelberg hat einen reichen Bestand dieser Einzelstücke. Darunter befinden sich auch vier Handschriften der umfangreichen mittelhochdeutschen Verhaltens- und Tugendlehre „Welscher Gast“ des Thomasin von Zerklaere. Unter anderem die älteste überhaupt erhaltene Handschrift des Werkes, der Cod. Pal. germ. 389. Es handelt sich um eine bebilderte Handschrift aus Pergament in kleinem Format. Sie ist um das Jahr 1250 entstanden. Dieses Buch steht im Mittelpunkt der Ausstellung.

Thema der Ausstellung ist der Wandel, dem die Bilder des „Welschen Gastes“ unterlagen und der aus dem Vergleich mit den anderen drei Heidelberger Handschriften des „Welschen Gastes“ deutlich wird. Es zeigt sich, dass auch die Kopisten im Mittelalter Schwierigkeiten mit ‚Copy und Paste‘ hatten. Trotzdem stellen die 24 erhaltenen Handschriften eine recht homogene Gruppe dar. Die Handschriften unterscheiden sich zwar deutlich in Größe, Layout, Ausstattung und Material. Dennoch wurde während des Kopierprozesses der einzelnen Handschriften Wert darauf gelegt, dass das übergreifende Konzept bewahrt wurde. Der Text bleibt in den fast 300 Jahren Überlieferungsgeschichte fast unverändert, ebenso die Auswahl der Bilder.

Der Prozess des Abmalens ist äußerst komplex: Den Illustratoren dienten jeweils die Bilder einer älteren Handschrift des „Welschen Gastes“ als Vorlage. Ihre künstlerische Freiheit, aber auch ihre technischen Fähigkeiten sowie ihr Bild- und Textverständnis konnten ihre Version beeinflussen. Hinzu kam die Anpassung der Bilder an den zeitgenössischen Rezipienten, an seine Vorstellungen und seinen Geschmack. Nicht zuletzt hatten Werkstätten und Auftraggeber unterschiedliche Ansprüche, die sich in der Menge an Geld und Zeit widerspiegeln, die in eine Handschrift investiert werden durfte.

Wie weit darf die gestalterische Freiheit reichen, damit die Eindeutigkeit des Bildinhalts beibehalten wird? Wann, wie und warum verschieben sich Inhalte? Wann werden sie missverständlich oder können mit der zugehörigen Textstelle gar nicht mehr in Verbindung gebracht werden? Die Ausstellung dokumentiert, wie kleine oder große Fehler in den Bildern beim Abmalen und Abschreiben entstehen und sich verstetigen.

Kontakt: peter.schmidt@zegk.uni-heidelberg.de