Die Handschriftengruppe aus dem Umfeld Karls des Großen, die Wilhelm Koehler 1958 glaubte, als "Hofschule Karls des Großen" zusammenfassen zu können, ist in ihrer Bedeutung als ein Leitsternbild für die früh- und hochmittelalterliche Bildkunst unumstritten. Allerdings sind viele Fragen über die Zusammengehörigkeit und die Entstehungsbedingungen dieser über einen Zeitraum von mindestens 25-30 Jahren entstandenen Gruppe bis heute nicht geklärt, zum Teil nicht einmal gestellt worden. Ein besonderer Zug der Evangeliare und des Evangelistars aus dieser Gruppe ist die für den unmittelbaren Eindruck einheitliche Erscheinung der gerahmten Textseiten und Evangelistenbilder, der aber bei genauerer Betrachtung eine überraschend große stilistische und motivische Vielfalt gegenübersteht. Der Vortrag wird diesem Befund die Beobachtung anfügen, dass zumindest die großen Evangelistenfiguren aus dieser Gruppe mit Hilfe von Schablonen oder Pausen erstellt worden sein müssen. Es wird, vorerst natürlich nur thesenhaft, versucht werden, aus dieser recht überraschenden Beobachtung Rückschlüsse auf den Herstellungsprozess der Buchmalereien, die Funktion der Handschriftenproduktion am Hof und schließlich den Status von Bildern im Frankenreich der Zeit Karls zu ziehen.