Peter Schreiner (Köln/München)

Materialität und Präsenz des Geschriebenen am Beispiel der byzantinischen Kultur

Resümee

Der Vortrag behandelt drei zentrale Themenbereiche, zunächst (I) die Voraussetzungen einer materialen Textkultur, nämlich die Formen des Zugangs zur Schriftlichkeit (Alphabetismus), den praktischen Umgang mit der Schrifttradition aus dem Erbe der Antike und deren „Verwaltung“, die verschiedenen Formen des Lernens und die freizügigen Formen des Wissenserwerbes sowie die individuelle Sorge um die Tradition. Ein weiterer großer Abschnitt (II) widmet sich den Themenfeldern einer Schriftlichkeit: (1) der Bedeutung der Handschrift und der langen Dauer einer nicht typographischen Gesellschaft in der byzantinischen Welt, (2) den in der Forschung vernachlässigten Genera der Inschriften, (3) den schriftlichen Wegen zur Ermittlung einer byzantinischen Sachkultur und damit in Verbindung die Rolle von Text und Artefakt in Epigrammen und Bildbeschreibungen. Eine zentrale Rolle nimmt die individuelle Bedeutung der Person im Umgang mit dem Geschriebenen ein, ein sehr verschiedenfältiger Komplex, der den letzten Abschnitt (III) umfaßt und von konkreten Beispielen ausgeht, (1) die Reaktion auf die Schriftlichkeit während des Lernprozesses, (2) die Diskussion des Schreibers (Kopisten) oder Lesers mit seinem Text, (3) die persönliche Erschließung des Textes, (4) die Sorge des Schreibers/Lesers/ Besitzers um den Text oder bibliotheksartige Sammlungen, und schließlich (5) der Umgang mit Büchern an einem besonders gut belegten Einzelbeispiel, den Händlern und Geschäftsleuten.

Dreißig teilweise unpublizierte Illustrationen verdeutlichen die Wechselwirkungen materialer Schriftlichkeit.