Kategorie Vortrag
Titel Gastvorträge: "Schreiben an Tischen? Über Schreibposen im Alten Ostasien" (HSING I-tien, Taibei), "Kerbhölzer der Qin-Zeit aus Liye, Hunan" (HU Pingsheng, Peking) (TP B09)
Termine Montag, 14.11.2016 14-18 Uhr
Ort Heuscheuer, Große Mantelgasse 2 (östlich neben der Marstallhofmensa)

HSING I-tien 邢義田 (Institute for History and Philology, Academia Sinica, Taibei)

Schreiben an Tischen? Über Schreibposen im Alten Ostasien

Der Großteil heutiger Forscher ist der Ansicht, dass die Chinesen vor der Einführung und Verbreitung von Stühlen und hohen Tischen (zwischen dem 8. und 11. Jh.) regelmäßig entweder kniend oder stehend geschrieben oder gemalt haben, und zwar so, dass sie mit der einen Hand den Pinsel und mit der anderen das Schreibtäfelchen oder auch Seiden- oder Papierblatt hielten und dabei ohne Unterlage, weder für Ellenbogen noch für Handgelenk, auskamen. Hier dagegen wird argumentiert, dass es einerseits gleichzeitig eine Vielzahl von unterschiedlichen Posen gegeben haben muss, darunter auch eine sehr ungewöhnliche, bei der eine T-förmige Stütze unter das Gesäß geschoben wurde. Andererseits wird betont, dass die meisten Schreiber, einschließlich der Berufsschreiber, wohl schon vor dem Kaiserreich (ab 221 vuZ) mit aufgestützem Arm und sogar Handgelenk schrieben, dass dies also nicht – wie einige vermeinen – erst der Einführung von Stühlen und hohen Tischen in der Song-Zeit oder einem revolutionären Wandel in den Haltungen durch die Transkriptionspraktiken der Mönche der Tang-Zeit geschuldet ist. Das einfache Volk, soweit schriftkundig oder malerisch tätig, war nicht den strengen höfischen Regeln der Beamten unterworfen und konnte sich beim Schreiben und Malen nach Belieben verhalten. Weil aber eine lässige Schreibpose, die den überlieferten, strengen Idealen des Altertums anscheinend nicht entsprach, so weit verbreitet war, zog sie auch die unablässige Kritik von berühmten Kalligraphen und Malern auf sich, so dass es heute nicht ganz einfach ist, in den Norm-Texten und Bildern, die die Zeiten überdauert haben, Spuren von lässigeren Posen zu finden. Es ist jedoch trotzdem gelungen, eine ganze Reihe von Belegen aus China und Japan ausfindig zu machen, die hier präsentiert werden sollen.

 

16-18 Uhr:

HU Pingsheng 胡平生 (Peking Universität)

Kerbhölzer der Qin-Zeit aus Liye, Hunan

Über die Bedeutung von Kerben in den Holzleisten-Dokumenten der Han-Zeit (206 vuZ-220 uZ) hat zuerst der Japaner Momiyama Akira geforscht. Nach eingehender Untersuchung der Holzleisten aus Dunhuang und Juyan in Institutionen in Gansu, Taiwan und London fand er heraus, dass unterschiedlich geformte Kerben für unterschiedliche Zahlenwerte stehen und publizierte dies 1998 in einem Artikel, der vor allem nach seiner Übersetzung ins Chinesische durch den Vortragenden großes Aufsehen in China-Historiker-Kreisen erregte. Mit der Entdeckung der Holztäfelchen der Qin-Zeit (221-209 vuZ) aus Liye in der südchinesischen Provinz Hunan bot sich erstmals die Gelegenheit, auch diese Materialien auf die Bedeutung von Kerben zu untersuchen, die auch hier bemerkt worden waren. Von einem chinesisch-japanischen Team bestehend aus dem Vortragenden, dem verantwortlichen Bearbeiter der Liye-Leisten, Zhang Chunlong, sowie Momiyama Akira und dem Paläographen Ôkawa Toshitaka wurden daraufhin im Oktober 2012 hundertzehn Holztäfelchen untersucht, und es wurde festgestellt, dass das System der Kerben in den Qin-Dokumenten denen der Han-Dokumente überraschenderweise nicht entspricht. Der Vortrag stellt das Ergebnis der Untersuchung vor.

 

 

Beide Vorträge finden in chinesischer Sprache statt und werden ins Deutsche übersetzt.